Den Bürgerbus immer im Griff
Fahrertraining auf dem Hungrigen Wolf soll Gefühl für den Neunsitzer in Ausnahmesituationen vermitteln
Von Gisela Tietje-Räther
HOHENLOCKSTEDT / KELLINGHUSEN „Nicht durchdrücken, leicht anwinkeln.“ Andreas Schröder zeigt Bürgerbus-Fahrer Günter Drawe wie die ideale Armhaltung am Lenkrad aussehen sollte – das Fahrsicherheitstraining beim Verkehrsinstitut Nord (VIN) beginnt bereits, bevor der Motor des Bürgerbusses überhaupt brummt. Die richtige Sitzposition mit Lenkrad-, Rückspiegel- und Gurteinstellung sowie die korrekte Höhe der Kopfstütze sollte jeder Fahrer vor dem Start individuell vornehmen, rät Schröder.
11 der 20 Bürgerbus-Piloten finden sich frühmorgens in der VIN-Fahrwelt auf dem Hungrigen Wolf ein. Vor ihnen liegen rund acht Trainingsstunden in Theorie und Praxis. Bei einer Tasse Kaffee im Seminarraum geraten die ausschließlich männlichen Teilnehmer und ihr Lehrer schnell ins Fachsimpeln. Die Fragen an den Fachmann reichen vom effektiven ABS-Bremsen bis hin zur sicheren Unterbringung von Gehhilfen und Kinderkarren.
Schnell stellt sich heraus: Auch für die „alten Hasen“ unter den Ehrenamtlern, die ihre Freizeit schon seit der Jungfernfahrt des Bürgerbusses in den gemeinsinnigen Dienst stellen, gibt es noch reichlich dazuzulernen. Seit einem Jahr rollt der weiße Kleinbus im Amt Kellinghusen überall dort hin, wo es keinen öffentlichen Personennahverkehr gibt. Rund 3000 Menschen sind seither im Schichtdienst chauffiert worden. „Einkaufs- und Arztfahrten stehen ganz oben auf der Wunschliste“, erklärt Fahrdienst-Koordinator Alfred Büsen.
Große Verantwortung am Steuer
Initiiert wurde das Fahrertraining von Amtschef Jürgen Rebien. „Sicherheit ist immens wichtig“, verweist er auf die Verantwortung am Steuer. Durch das Training, das aus dem Bürgerbus-Budget des Amtes finanziert wird, würden die Fahrer den Kleinbus sowie unterschiedliche Fahrsituationen noch einmal ganz genau kennenlernen.
Auf dem weitläufigen Gelände der Fahrwelt Hungriger Wolf bereitet sich die Gruppe derweil auf den Realitätscheck vor. „Immer auf mein Handzeichen achten“, bleut Trainer Schröder seinen „Fahrschülern“ ein. Der erste Durchgang eines Hütchen-Slaloms soll mit 30 Km/h absolviert werden. Ganz wichtig: „Nicht nach Gefühl fahren, sondern genau hinschauen“, betont Schröder. Fehlerfrei kurvt der Neunsitzer durch den Pylonen-Parcours. Mit zehn Sachen mehr sieht es schon anders aus. „Nee, das ist zu schnell“, heißt es aus der Gruppe. Was mit den Privat-Pkw noch gut geht, fühlt sich im Bus mit einem anderen Radstand gefährlich an.
Nach einem langen Unterrichts-Tag nimmt die Gruppe eine Menge Wissen mit nach Haus. „Das war eine super Erfahrung, alle sind begeistert, auch weil Andreas Schröder alles so toll rübergebracht hat“, fasst Fahrer Achim Schramm zusammen.
Nach einem entsprechenden Beschluss der Amtsgemeinden werden sich die Ehrenamtler demnächst auf Veränderungen beim Projekt Bürgerbus einstellen müssen. Neben der geplanten Anschaffung eines neuen Fahrzeugs wird es mit dem Verein für Gemeindepflege (VfG) voraussichtlich auch einen neuen Kooperationspartner geben. Amtschef Rebien sieht Vorteile: Durch die regionale Orientierung des VfG könne sich das Angebot dann über die Amtsgrenzen hinaus erweitern.